Wer soll sich das eigentlich alles anhören? Frage ich mich oft angesichts der Veröffentlichungs- und Konzertankündigungen, die jede Woche in unserem Redaktions-Mailfach eingehen. Und wer soll das alles lesen? Frage ich mich weiter, wenn ich einen Artikel vom Mittelstern in die Welt schicke.
Jeder kann heute alles veröffentlichen, was ihm in den Sinn kommt. Musik zum Beispiel. Oder Texte über Musik. Und abgesehen von der persönlichen Hemmschwelle und dem eigenen Anspruch gibt es hinsichtlich der Qualität des Outputs keinerlei Einschränkungen.
Mein eigener Anspruch brachte mich schließlich dazu, am Workshop Musikkritik der Scheune Akademie teilzunehmen. Ich erhoffte mir, mit etwas mehr Handwerkszeug sicherer bessere Texte über Musik verfassen zu können, als mit meinem bisherigen Ansatz „aus dem Bauch raus“ zu schreiben.
Unter der Anleitung von Andreas Körner (DNN, Sächsische Zeitung, Körners Corner) verfasste jeder der vier Teilnehmer während des Workshops mindestens vier Texte, an denen zwischen den gemeinsamen Treffen in individueller Abstimmung mit Andreas weitergearbeitet wurde. Meine erste Verunsicherung durch das ungewohnte Feedback zu den eigenen Texten wich bald einer kaum gekannten Produktivität durch den auf einmal vorhandenen Termindruck. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Vermittlung von Handwerkszeug Andreas nur ein sekundäres Anliegen war. Ihm ging es vielmehr darum, dass jeder Teilnehmer zu seinem persönlichen Stil findet und sich darüber klar wird, wo er mit seiner Schreiberei hinwill. Oder eben nicht. Und so fiel auch das Fazit des Workshops für jeden von uns anders aus. weiterlesen…
Trüffelschweine braucht die Musikindustrie noch immer. Gaben früher Radiostationen, A&R Manager oder Musikmagazine Trends vor, wühlen sich heute jede Menge Blogs durch das schier überwältigende Angebot aus kurz aufblitzenden Bands im Internet und Online-Spartenradio. Meist ist deren Halbwertzeit (die Halbwertzeit der Bands, aber leider auch die Halbwertzeit mancher Blogs) jedoch bedauerlich gering, über das Wort „Wert“ diskutiere ich besser gar nicht erst. Das Intro wurde just 20 Jahre alt. Glückwunsch! Eine Zeitschrift, die ich häufig wenigstens durchblättere. Wenn man ein bisschen die Verwicklungen im Business kennt, wird einem aber leider auch schnell klar, dass Melt und Splash und diverse Konzerte aktuell gehypter Bands nicht allzu distanziert in der Intro beleuchtet werden –> Trends also gern auch gemacht werden.
Im Tagesspiegel erschien vor kurzem ein sehr lesenswerter Artikel über Musikjournalismus (inklusive Verkaufszahlen), betitelt mit „Auf der Suche nach dem Hit“. Können das die Magazine à la Intro, Musikexpress, Visions, younameit wirklich noch selbst leisten, ohne eigene kommerzielle Interessen zu verfolgen (Schalte eine Anzeige und du bekommst zehn Zeilen Text)? Im oben angesprochenen Artikel jedenfalls sagt André Doehring von der Uni Gießen: „Die Magazine könnten in dem wenig übersichtlichen Musikmarkt Orientierung bieten“ … „Die Überlebensstrategie für die Hefte lautet, große, zeitlose Geschichten zu machen“. Stimmt, sage ich. An Hintergrundstories und in die Tiefe gehende Interviews kommen die Abermillionen Blogger nicht ran. Tageszeitungen leider auch nicht oft. Gucke ich mir lokale Printmedien an, kann man nur bedauernd mit dem Kopf schütteln. In der Sächsischen Zeitung umfasst der Kulturteil selbst am Wochenende mit Müh und Not zwei Seiten. Vorankündigungen oder Berichterstattung populärmusikalischer Ereignisse in Dresden machen nur einen Bruchteil aus, wir haben einfach zu viel Klassik und Geschichte zu bieten. Tatsächlich ein Lichtblick: Die Dresdner Neuesten Nachrichten immerhin berichten nahezu täglich von Konzerten unterschiedlicher Genres.
Wie aber schreibt man über Dinge, die man hört? Muss ich musikwissenschaftlich gebildet sein, um über Musik „richtig“ zu reflektieren? Ist das theoretische Einordnen in größere Zusammenhänge wichtiger als das „praktische Erleben“ auf Konzerten? Musik ist Geschmackssache und selbst in unserer kleinen „Redaktion“ gibt es regelrechte Meinungsverschiedenheiten über das Potential und die Kunstfertigkeit diverser Artists. Das liegt in der Natur der Sache. Ein spannendes Thema also, dem sich die Scheune Akademie im und ab April widmet, indem sie am 21.4. Musikjournalismus theoretisch und praktisch zugänglich macht. weiterlesen…