Hermigervill fiel mir zum ersten Mal beim Iceland Airwaves 2011 auf, als er hochkonzentriert ein Kabelchaos aus verschiedenen Plastiktüten an den richtigen Platz sortierte, um anschließend mit Berndsen Supermusik zu machen. Daraufhin sah ich Hermigervills Rotschopf auf einmal überall, auf Airwaves-Bühnen, am Theremin oder am DJ-Pult und seine eigenartig verschrobenen Synthie-Klänge blieben hängen. Natürlich war Hermigervill auch auf dem Iceland Airwaves 2012 am Start und nach einer Session im Eldhús, dem kleinsten Venue der Welt, entdeckte ich ihn dieses Mal sogar gemeinsam mit Retro Stefson auf der Bühne.
Hermigervills Auftritt mit Berndsen habe ich leider verpasst, genauso wie sein Abschluss-DJ-Set in der Nacht vom Samstag zu Sonntag. Aber »da ging es eh nur darum, ein Bier zu trinken und ein bisschen Musik spielen. Nach all dem Stress mit den vielen Kabeln war das DJing eher entspannend« erzählte mir Sveinbjörn Thorarensen, wie Hermigervill im echten Leben heißt, als wir uns nachmittags darauf im Cafe Babalú trafen, um über seine Musik zu reden. Synthie-Sound hat mich noch nie besonders angesprochen, deswegen ist mir meine Begeisterung für die Musik von Hermigervill ein kleines Rätsel …
Ich war sehr überrascht, dich mit Retro Stefson auf der Bühne zu sehen.
Ja, das hat alle überrascht. Natürlich nicht die Leute aus Island, die wussten ja, dass ich mit Retro Stefson zusammengearbeitet habe. weiterlesen…
Im August dieses Jahres haben Dikta mit Trust Me ihr viertes Album veröffentlicht. Darauf führen die Isländer ihr bewährtes Konzept „eingängiger Indie-Rock/Pop in klassischer Besetzung“ ohne jegliche Veränderung oder Entwicklung fort. Schon im Jahr zuvor hatte sich Andrea darüber gewundert, warum ihr die Songs von Dikta so bekannt vorkommen; Auch Trust Me klingt vom ersten Hören an so vertraut, dass man meint, auf der Stelle mitsingen zu müssen. Nichts stört, nichts hakt, nichts erschwert den Zugang zu diesen Songs und die Stimme von Haukur Heiðar Hauksson ist natürlich noch immer zum Niederknien schön.
Mit all der schönen Harmonie schafft es Trust Me leider nicht, meine Aufmerksamkeit langfristig zu fesseln. Immer wieder driften die Songs zum wenig beachteten Soundtrack in den Hintergrund, wo sie nicht stören und nichts wollen.
War ich von Trust Me also eher enttäuscht, haben es Dikta auf dem diesjährigen Iceland Airwaves dennoch geschafft, mich wieder einzufangen, wie das nachfolgende Video beweist. Im Eldhús, dem kleinsten Venue der Welt, spielten Dikta ein nettes Akustikset und beantworteten mir beim Kaffee danach ein paar Fragen.
Mit ihrem schwärmerischen Synthiesound erzeugen Tilbury eine unbestimmte Wehmut, die mich irgendwo zwischen Fern- und Heimweh erwischt. Auf zurückhaltende Art erzählen die Songs auf dem Debütalbum Exorcise (2012, Record Records) von Abschieden und sehnsüchtigen Erinnerungen. Exorcise strotzt nicht gerade vor überschäumender Lebensfreude, bleibt in der Grundstimmung aber gefasst und deutet vorsichtig in Richtung Hoffnung.
Zurückhaltend gaben sich die Isländer auch bei ihrem Auftritt im Harpa zum diesjährigen Iceland Airwaves. Das mag daran liegen, dass Tilbury als Band noch so neu im Geschäft sind, dass sie in diesem Jahr ihr erstes Airwaves überhaupt gespielt haben. Vielleicht sind die fünf aber auch generell keine Männer für das große Drama.
Vor ihrem Auftritt auf der großen Bühne spielten Tilbury am frühen Mittwochnachmittag im Eldhús, dem kleinsten Venue der Welt, ein Akustikset vor nur zwei Zuschauern. Danach beantworteten sie im Café nebenan höflich und geduldig meine unvorbereiteten Fragen.
I’m in love mit Island. I’m in love mit Reykjavík. I’m in love mit Iceland Airwaves. In love love love.
Atemberaubende, karge Landschaften mit schneebedecktem Berggipfelhorizont, endlose schwarze Strände, verschlafene Örtchen und – dank spontaner Vernetzung des Mittelsterns mit dem dänischen Musikexport – ein Ausflug auf isländischen Ponyrücken: Eine kurze Vor-Festival-Auszeit führte mich zu immer guter Musik ein Stück an der Südküste Islands entlang. Die kleine Insel zeigte sich von ihrer kalten, aber immer sonnigen Seite.
Zurück in Rejkjavík donnerte bald ein ausgewachsener Sturm um die Häuserecken, der vermummte Menschlein haltsuchend durch die Straßen fegte, dabei das Bier aus ihren Bechern pfiff und die ganze Stadt mit einem klebrig-stumpfen Salzfilm überzog. »Das wird immer das Airwaves mit dem Wind für mich sein«, sagte Sóley als wir am Sonntag kurz die vergangenen vier Tage auswerteten. Raues Wetter, Wind und Regen sind in Reyjavík Anfang November bestimmt nichts Ungewöhnliches, aber das diente sogar den Einheimischen zum Gesprächsthema Nummer 3, gleich nach »Welche Bands hast du schon gesehen« und »Welche Bands wirst du dir noch anschauen?«.
Als es auch am dritten Tag nicht aufhörte zu winden, richteten die Veranstalter einen Shuttlebus-Service für die 500 Meter zwischen Reykjavik Art Museum und Harpa ein. weiterlesen…
31. Oktober 2012 to 4. November 2012 Location siehe Text, auswärts Reykjavík, Island
Es ist schon wieder kurz vor Iceland Airwaves: Fünf Tage Musik. Fünf Tage Party. Fünf Tage musikalischer Ausnahmezustand.
Schon im August hieß es: Ausverkauft. Auch in diesem Jahr stehen wieder mehr als 200 internationale Künstler auf dem Festival-Programm der etwa 7000 Besucher. Dazu kommen noch einmal 39 Off-Venues, in denen insgesamt über 450 weitere Konzerte stattfinden werden.
Wann, wo und wie soll man da bloß anfangen herauszufinden, welche Bands man nicht verpassen darf, was sonst noch geht und wo der Kater tagsüber am besten aufgehoben ist?
Ein paar isländische Musiker sowie ein Labelbetreiber haben mir ihre Insider-Tipps verraten: