Ohne Worte.
Samstag, 21:55 Uhr, Spiegelzelt
»Wo wart ihr eigentlich, als ich dreißig war?«, soll Lubomyr Melnyk gefragt haben, als seine jüngste Veröffentlichung Corollaries (aufgenommen und produziert von Peter Broderick mit Unterstützung von Nils Frahm und Martyn Heyne) im vergangenen Frühjahr durch das Label Erased Tapes Records einer breiteren Aufmerksamkeit zugänglich wurde. Der kanadische Pianist ukrainischer Abstammung dürfte mit seinen
Wie das ohne musikwissenschaftliche Vorbildung und vor allem auf einem Festival funktioniert? Lubomyr Melnyk ist für mich der spannendste Künstler auf dem diesjährigen Haldern Pop.
Donnerstag, 17:15 Uhr, Kirche
Duologue haben im Februar ihr Debütalbum Song & Dance veröffentlicht, zumindest digital. Darauf klingen die fünf Briten in ihren reduzierten Momenten am größten, genau dann, wenn sie etwa Hörerwartungen mit elektronischer Bassdrum zerstreuen oder ihren eindringlichen Gitarren-Hooks nicht viel mehr entgegensetzen, als Tim Digby-Bells schmachtenden Gesang. – Wer braucht da noch Stadionpopgedöns wie Streichorchester, Glöckchengeläut oder choralen Backgesang?! Wenn Duologue alles das zu Hause in London lassen, könnte ihr Auftritt zwischen all dem haldernschen Bardengeklimper richtig fett, wenn nicht sogar ein bisschen tanzbar werden.
Samstag, 14:35 Uhr, Mainstage
Efterklang müssen hier niemanden mehr vorgestellt werden. Die Lieblingsdänen spielen sich derzeit über so gut wie jedes Festival, das stattfindet. Ich habe sie auf dem Immergut gesehen und in Roskilde und ich werde mir ihr Konzert auch auf dem Haldern Pop Festival nicht entgehen lassen.
Gitarrist Rasmus Stolberg erklärt, warum Efterklang trotz ausgedehnter Festivaltour fast immer noch wissen, wo sie gerade sind:
„Casper loved Haldern Pop Festival so much that he sweat a heart!!“ // Efterklang, Haldern Pop 2010, (c) Efterklang
Bereits 2010 haben Efterklang auf dem Haldern Pop gespielt und Rasmus errinnert sich außer an das Konzert von Dan Deacon im Spiegelzelt auch noch daran, »dass Casper während unserer Show ein Herz auf seinem Rücken geschwitzt hat. Schau dir das Foto an: http://flic.kr/p/8snwbk«
Samstag, 0:30 Uhr, Mainstage
Nachdem ich mich in seinen Song Marz verliebt hatte, landete John Grant auf meiner Must-See Liste für’s Iceland Airwaves 2011. Er muss damals auf einigen Listen gestandenen haben – der Andrang vor seinen Shows war so groß, dass ich beide verpasst habe.
Nun ist es mit dieser, sehr wahrscheinlich verzauberten, kleinen Insel ja bekanntlich so: Wer einmal auf Island war, der will immer wieder dahin zurück. Das ging auch John Grant so. Nach dem Iceland Airwaves kehrte er bald wieder und verlegte schließlich seinen Lebensmittelpunkt von den USA nach Reykjavík, wo er in Zusammenarbeit mit Biggi Veira von Gus Gus sein zweites Album Pale Green Ghosts aufnahm. Im Gegensatz zum Debüt Queen Of Denmark, auf das Midlake einen merklichen freundschaftlichen wie auch musikalischen Einfluss hatten, ist Pale Green Ghost deutlich elektronischer ausgefallen und von Grants Lieblingsbands aus den Achtzigern beeinflusst. In seinen Songs thematisiert John Grant offen seine Homosexualität, Alkohol- und Drogenprobleme sowie seine HIV-Infektion. In vier Songs auf Pale Green Ghosts ist Sinéad O’Connor als Gastsängerin zu hören.
Auf dem Roskilde Festival konnte ich vor einem Monat hinter dem Must-See Punkt „John Grant“ endlich ein erstes, kurzes Häkchen setzen. In einigen Tagen kommt ein weiteres, ausführlicheres dazu.
Donnerstag, 23:30 Uhr, Mainstage
http://www.youtube.com/watch?v=ygzhTgy3z5o
P.S. John Grant lernt gerade Isländisch und übersetzte die Songtexte der isländischen Folk-/Pop-Hoffnung Ásgeir Trausti ins Englische. Ásgeir Trausti tritt ebenfalls auf dem Haldern Pop Festival auf. Donnerstag, 19:15 Uhr, Haldern Pop Bar
Es macht mehr Spaß, sich für Dinge zu begeistern, die man auch versteht. Takte auszählen und Rhythmus klatschen, das war schon zu Schulzeiten nichts für mich, und so klingen die dissonanten Klangkonstruktionen des New Yorker Duos Buke and Gase auf ihrem aktuellen, zweiten Album General Dome (VÖ 22.02.2013, Discorporate Records) in meinen harmoniebedürftigen Ohren immer ein wenig wie Krach, der durcheinander geraten ist. Dennoch schaffen es Arone Dyer und Aaron Sanchez, mir eine Idee davon zu vermitteln, um was es ihnen geht. Manchmal fühlt sich das dann kurz so an, als hätte ich den Code geknackt. Das funktioniert nicht immer und überall und schon gar nicht nebenbei, für Haldern nehme ich es mir aber fest vor.
Samstag, 14:10 Uhr, Spiegelzelt
Mit Douglas Dare schickt das wohlbekannte Label Erased Tapes Records sein jüngstes Signing nach Haldern. Die gewaltige Stimme des 23jährigen Briten erstaunte mich bereits im Mai dieses Jahres im Vorprogramm von Ólafur Arnalds. Spätestens mit seinem Song Caroline hatte er mich. Auch seine Großmutter liebe diesen Song, erklärte Douglas, sie solle jedoch lieber nichts davon erfahren, dass es darin um den fiktiven Ehebruch seines Großvaters gehe.
Als erste Veröffentlichung auf Erased Tapes wird im Oktober die EP Seven Hours erscheinen, auf der deutlich melancholischere Stücke zu hören sein werden, als das mitreißende Glorious Feeling von 2012.
Freitag, 15 Uhr, Tonstudio Keusgen
Es scheint, als könnten die Meinungen von Musikkritikern und Fans nicht weiter auseinander liegen als die zum Debütalbum Long Way Down des 22jährigen Briten Tom Odell. Mark Beaumont vom NME findet’s gar so doof, dass Toms Papa bei der Redaktion angerufen haben soll, um sich über das Review zu beschweren. Und auch die Fans, die überwiegend weit unter 30 und weiblich sein dürften, halten zahlreich dagegen; Der Jungspund füllt in Europa immerhin 2000er Venues.
Ich selbst entscheide mich erst, nachdem ich Tom Odells Auftritt beim Haldern Pop Festival gesehen habe. Während ich die Single Another Love trotz oder wegen Dauerberieselung durch Telekomspot immer noch unheimlich gern mag, konnte mich das Album bislang nicht begeistern.
Freitag, 19:30 Uhr, Hauptbühne
http://www.youtube.com/watch?v=5A-Y0DFUQNI