Nachdem der Donnerstag seinen entspannten Ausklang genommen hat, lässt sich der Iceland Airwaves Freitag ein bisschen Zeit, bis er so richtig in die Gänge kommt und getanzt werden wird, wie sich das eben für einen Freitagabend gehört. Vorher ist beispielsweise genug Zeit, mittags für PJ Harvey-Tickets in der Harpa anzusitzen, Reykjavík für einen kleinen Ausflug zu verlassen oder bei einem der zahlreichen Off-Venue Konzerte ein Frühschoppenbier zu genießen.
Eine Playlist zu den nachfolgenden Empfehlungen gibt es bei Spotify.
20:00 • Múm & Kronos Quartet • Harpa Eldborg
Múm, die schon seit fast zehn Jahren in verschiedenen Konstellationen miteinander Musik machen und in unterschiedlichen Projekten immer wieder an den Genregrenzen elektronischer Popmusik herumexperimentieren, sind mit ihrer klingelnden, klickernden Electronica in Kombination mit klassischen Instrumenten und flirrendem Gesang für mich der Inbegriff isländischer Elfenmusik. Zuletzt haben Múm den Stummfilm „Menschen am Sonntag“ in improvisierten Liveshows vertont. Auf dem Iceland Airwaves werden sie gemeinsam mit den Streichern des Kronos Quartet auftreten. Für diese Show im großen Saal der Harpa ist mal wieder ein extra Ticket erforderlich – dieses wird ohne Zusatzkosten ab Mittwoch im Media Centre in der Harpa ausgegeben.
Übrigens wurde in der Zwischenzeit auch das Off-Venue Programm veröffentlicht und das lässt bei einem ersten kurzen Blick ausgewachsene Überforderungsgefühle aufkommen.
19:00 & 21:00 • Sóley • Mengi
An der zauberhaften Sóley kommt man kaum vorbei, wenn man sich mit isländischer Musik auseinandersetzt. Ihren gewinnenden Charme versprüht die Isländerin über ihre sozialen Kanäle genauso wie auf der Bühne, wo sie ihre feinen Songs mit dem latenten Hang zur Melancholie unterstützt von ihrer kleinen Band und der Loopstation zusammenbaut.
Auf dem Airwaves verspricht Sóley zwei intime Shows auf denen sie ihr neues Album, an dem sie gerade arbeitet – „an album of hope and endless summer“ – vorstellen wird.
Nach zwei Jahren der Abstinenz geht es für mich dieses Jahr endlich wieder zum Iceland Airwaves Festival nach Reykjavík. Ach, was freue ich mich schon auf den Mittwoch, diesen ganz besonderen ersten Festivaltag, an dem ab etwa Mittag die ganze Stadt beginnt, sich auf fünf Tage Musik einzuschwingen.
Das Programm für die zahlreichen Off-Venues, für die es nicht mal ein Festivalbändchen braucht, ist leider noch nicht veröffentlicht, aber während des abendlichen Hauptprogramms werde ich mich in etwa an nachfolgender Liste entlang hangeln. Diese gibt es inklusive einiger zusätzlicher Empfehlungen auch in hörbarer Form bei Spotify. Bei aller Vorfreude gilt es auch, sich einige Veränderungen zu erarbeiten: Ein mir neuer Veranstaltungsort namens Valshöllin, der mit Sport-/Vodafone-Halle beschrieben, nur mäßig kuschelig klingt, macht auf der Karte einen für Venue-Hopping zum hier und da mal reinluschern zu weit entfernten Eindruck, hostet am Mittwoch aber ausgerechnet die ganzen heißen Hip-Hop-Knaller.
19:50 · Cryptochrome · Húrra
Der Start in den Mittwochabend wird mit Cryptochrome voraussichtlich ein interessanter, das Tanzbein belebender. Das Quartett mit Wurzeln in Reykjavík, London und Hamburg lässt dicke Beats, Rap und düstere Electronica zu einem eigenwilligen Sound zerfließen.
Mehr als drei Jahre ist es schon wieder her, dass Retro Stefson ihr tolles selbstbetiteltes Album veröffentlicht haben, das mit Songs wie dem treibenden Glow noch immer nachglimmt. Meine ineinanderschwimmenden Erinnerungen an ausgelassen weggehüpfte Konzertmomente in Lärz, Dresden, Reykjavík und Hamburg können aber ganz gut mal wieder eine Auffrischung vertragen. Wie schön, dass die Isländer gerade zwei Konzerte in Deutschland angekündigt haben, wie überraschend allerdings deren Überschrift: Abschiedstour.
Retro Stefson kommen also nur noch mal kurz vorbei, um Tschüss zu sagen. Ihren zehn Jahre andauernden gemeinsamen musikalischen Weg beenden die sieben bis acht Musiker mit einer EP und einer Abschiedstour, die aus gerade einmal 2 Terminen besteht?! Das Internet hält sich mit ausführlicheren Infos zurück, sowohl zur EP Scandinavian Pain (die vor einem halben Jahr noch als Album angekündigt wurde) als auch zur Auflösung der Band. Die kommentiert Nachfragen seitens der Fans zur Endgültigkeit des Abschieds mit
Nunja. Das lässt Raum für Spekulationen. Oder auch nicht.
Was ist denn da los? Meinen die das alles ernst? Wird Haraldur Ari Stefánsson auf der Abschiedstour noch einmal den Vorturner geben? Wird Hermigervill Theremin und Knöpfchen bedienen? (Jaaa! Sagt das Tourposter!) Man wird wohl hingehen müssen, um all das oder zumindest einiges davon zu erfahren.
Zum Warmhüpfen nützt der Song Skin, die erste Single aus der EP Scandinavian Pain ganz gut:
2015 war Federico Albanese im Rahmen der Denovali Konzertreihe schon einmal in der scheune. Mit seinem im Januar dieses Jahres veröffentlichten neuen Album kehrt er nun zurück, steht ganz im Fokus mit einer Platte, die Zeitlosigkeit im Titel und in den Rillen trägt.
Auf „The Blue Hour“ dreht sich für Komponist und Pianist Federico Albanese alles um die magische Stimmung am Übergang zwischen Tag und Nacht, wenn Euphorie und Sehnsucht, Melancholie und Erinnerung ineinander fließen. Albanese übersetzt diese Empfindungen in Musik.
Man muss sich fragen, wie man diese Musik genießen soll: Hellwach, um keine Nuance zu verpassen? Oder loslassen; mitdriften? Ähnlich wie in diesem Video werden die Konzertbesucher wohl das ein oder andere Mal schauen. Am Freitag, den 14.10. spielt der Italiener mit Wohnort Berlin in der scheuneOne of the most hauntingly beautiful records you’ll ever hear. (Drownded in Sound)
Keine Ahnung, wie viele Konzerte der Reihe im Societaetstheater wir in den letzten zehn Jahren besucht haben, es waren so einige. Während das Publikum im Plüschsessel versank oder anfangs auch mal auf Podesten im leergeräumten Saal saß, wussten die meisten Künstler – hauptsächlich aus dem musikalisch ruhigeren Bereich – eigentlich immer zu überzeugen. Spontan fallen mir Pelle Carlberg, Rökkurró, Nils Frahm, Einar Stray, Me and My Drummer, Sophia, Immanu El ein. Ina Conradi, die für die Durchführung der Konzertreihe verantwortlich zeichnet, hat sich mit viel Arbeit und vor allem jeder Menge Leidenschaft durch dieses Jahrzehnt gebissen, ist lampenfiebrig im Theaterfoyer rumgeflippt, wollte unbedingt, dass Dresdner Konzertgänger Neues geboten bekommen, ihren Horizont erweitern. Mission erfüllt, Ina! Mittlerweile ist das Label „Dienstagskonzert“ ein Gütesiegel.
Am Sonntag, den 2.10. wird nun also der 10. Geburtstag gefeiert. Auf der Bühne stehen ÄTNA.
„Die Sängerin Inéz und der Trommler Demian erschaffen Songs, die uns nicht mehr loslassen. Satte Bässe, Klaviere, Elektronik, Drumbeats und Klanggemälde umgarnen hier eine Stimme, die betört, ergreift und nachhallt. … Ihre Debüt- EP haben sie soeben mit Moses Schneider aufgenommen, dem genialen Produzenten von Tocotronic, AnnenMayKantereit und den Beatsteaks. Hinter Inèz und Demian verbergen sich aber keineswegs Musiker, die „noch am Anfang stehen“. Beide blicken solo und in anderen Kollaborationen auf eine Menge großartiger, musikalischer Erfahrungen zurück.“
Reeperbahn Festival 2016 – Tag 2/4 – Meine vorgehabte Begeisterung für kanadische Kombos bleibt auch heute ausbaufähig. Können oder wollen die denn da wirklich nur Folk, Country und Singer-Songwriter? Ohje.
14:00· Kukuun· Poor Nameless Boy · #Kanada!! #SingerSongwriter #Folk
Reeperbahn Festival 2016 – kurz und knapp wegen keine Zeit und mit (versuchten) Fokus auf Kanada, aus Gründen. Tag 1/4 durchaus noch ausbaufähig, aber geht ja auch gerade erstmal los.