Gema zur Demo zur Gema, ich bleib leider daheeme

· 05.09.2012 · 2 Kommentare

Morgen findet in Dresden eine Demonstration gegen die GEMA Tarifreform statt. Wer dieses Blog aufmerksam liest, würde sicherlich erwarten, dass ich mich da als ewiger GEMA Kritiker anschließe. Tu ich aber nicht. Abgesehen davon, dass ich derzeit kniebedingt nicht mitlaufen könnte, tummeln sich im aktuellen Umfeld der GEMA-Kritiker viel zu viele Scharfmacher, Selbstdarsteller und schwammige Forderungen.

Statt sich auf die unsägliche Tarifreform im Bereich der Tanzveranstaltung zu konzentrieren, wird gleich die große Revolution ausgerufen. Das lenkt nur ab, macht aus einer konkreten Notwendigkeit ein Spektakel und löst bei mir großes Unbehagen aus, ob es da wirklich noch um eine Sache geht oder um persönliche Selbstdarstellung. Damit meine ich nicht vorrangig Dresden (anderswo ist es weitaus schlimmer), aber auch. Wer hier so in den letzten Monaten plötzlich massiv laut geworden ist, ohne sich mal eingehend mit der Materie zu beschäftigen, das hatte eindeutig mehr mit Populismus als mit Popkultur zu tun.

Ein harmloses Beispiel an anderer Stelle: Im Forderungskatalog der Global Space Odyssey Leipzig (Leider nur mit Privatprofil auf Facebook unterwegs) findet sich neben der (absolut in die richtige Richtung gehenden) Forderung nach einer Nettoabrechnung plötzlich die Forderung nach Sondertarifen für „Konzert mit Nachwuchskünstlern“. Das ist leider theoretisch und praktisch absolut Überflüssig, denn


1. Wie definiert man bitte Nachwuchskünstler? Ist der 16jährige Gitarrist, der nur Songs der Beatles spielt, nicht auch ein „Nachwuchskünstler“?

2. Wird bei Livekonzerten bereits nach Nettoumsätzen berechnet. Das heißt, ein Konzert mit 100 Besuchern mit 2,50 EuR Eintritt kostet eh sehr wenig GEMA Gebühren. Es ist also egal, ob „Nachwuchs“ oder abgefuckte Rentnerband.

3. Sind die meisten Nachwuchsurheber nicht Mitglied der GEMA und im Gegensatz zu Tonträgeraufführungen werden somit bei Auftritten auch keine GEMA Gebühren fällig.

Dazu kommt die Forderung nach Abschaffung der GEMA Vermutung zu Gunsten der Titelfolge, die ich ja grundsätzlich unterstütze! Für die ich aber in den letzten 5 Jahren nicht eine vernünftige Lösung gelesen habe. Aber ok, vielleicht gelingt es, die GEMA zu Testläufen mit Liederkennungsdiensten wie Shazam oder Soundhound zu verpflichten? Zumindest testweise sollte festgestellt werden, wie gut das funktioniert und wie gut die Beschissmöglichkeiten sind. Aber genau solche konkreten Forderungen vermisse ich.

Szene fordert mehr Bürokratie

Stattdessen steht dort, die GEMA solle besser kontrolliert werden. „Das Deutsche Patent- und Markenamt hat sich als zu schwache Kontrollinstanz für die Vorgehensweisen der GEMA, intern sowie extern, erwiesen“ lese ich da und frage: Woran macht ihr das aus? „Wir schlagen vor, die Kontrolle dem Bundeskartellamt oder einer Regulierungsbehörde ähnlich die für die Telekommunikation zu übertragen.“ Was hat denn bitte das Kartellamt damit zu tun? Und wer fordert hier denn plötzlich noch mehr Bürokratie durch eine neue Regulierungsbehörde? Nö, Leute, das stinkt mir. Wenn etwas fehlt, dann ist das die Kontrolle durch Euch, sprich eine bessere Lobby der Clubbetreiber. Eventuell seid ihr beim altehrwürdigen Dehoga nicht mehr so gut aufgehoben oder solltet euch da mal dauerhaft engagieren als sich auf medienwirksame Haudraufs zu konzentrieren?

Abgesehen davon, ist der Treffpunkt für die morgige Demo 13.00 Uhr. Wer hat denn da Zeit (außer Clubbetreibern?). Und wenn nur Clubbetreiber mitmachen sollen, warum dann eine Demo und kein runder Tisch oder ähnliches?

Die Kundgebung findet um 14.30 Uhr vor der Glacisstr. 3 statt. Ich bin gespannt, was ihr erzählt.

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Niemand muss demonstrieren. Das ist einfach eine Aktionsform, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Zumal es als bundesweite Aktion läuft. Bald stehen weitere Vertragsverhandlungen mit der GEMA an, da ist es gut, den Druck zu erhöhen.

Zum Forderungskatalog:

„Nachwuchstarif“ ist eigentlich gar nicht schwammig, gibt es in Hamburg nämlich als Modellprojekt schon.Es ist nur nicht flächendeckend angewendet und muss sich
noch in der Praxis bewähren. In Hamburg gibt es auch den Clubaccount, der es fördermäßig
belohnt, wenn Clubs Konzerte veranstalten. Super, warum nicht voneinander lernen.

 Der Mindestsatz der GEMA von 22,50 ist für manchen
Kleinveranstalter schon übers Jahr erheblich, auch hier besteht
Nachbesserungsbedarf.

 Die angesprochenen Abrechnungstools könnten z.B. durch die GEMA entwickelt
werden. Von den erwarteten 100 Mio € Mehreinnahmen pro Jahr durch die
Tariflinearisierung und den schon erhaltenen Mehreinnahmen durch die Reform des
U-K-Tarifes könnte die GEMA doch ein bisschen was in Forschung &
Entwicklung stecken. Wir als Clubs haben einfach den Verdacht, dass der Einbau
von „Blackboxes“ in Clubs, also das stichprobenartige Mitschneiden von
Tanzveranstaltungen um daraus Rückschlüsse auf die statistische Verteilung von
GEMA-Werken zu ziehen, nicht funktioniert. So sind bei einer kurzen Umfrage
unter den Mitgliedern der LiveKomm, also mehreren hundert, darunter fast alle
renommierten und bekannteren Clubs nur 6 der etwas über 100 Blackboxes gewesen.
Wo schneiden die anderen Blackboxes also stichprobenartig mit? In der Dorfdisko
oder im Punkladen?

Das heißt, hier muss man noch etwas Zeit und Geld investieren,
um die bestehenden technischen Möglichkeiten anzupassen. In den Niederlanden
gäbe es einen technischen Tool, der dort auch funktioniert sagen die
DJ-Verbände. Das muss man jetzt mal auf europäischer Ebene genauer raus
bekommen, wir sind mit dem Live DMA hier im Kontakt.

 

Wie sich das Deutsche Patent- und Markenamt verhält und
warum das die These stützt, dass dies nicht die richtige Fachaufsicht ist: http://carta.info/47998/vg-wort-ausschuttung-das-patentamt-entzieht-sich/
Durch den Wegfall von Diskopauschalen kommt es doch sowieso zu mehr Bürokratie und Verwaltungsaufwand. Man kann ja nicht einfach 100 Mio € pro Jahr mehr einstreichen, bzw. verteilen. Die Clubs werden sich schon besser vertreten, keine Angst Sebastian. Beim Reeperbahnfestival wird die LiveMusikKommission vorgestellt und dann kann man da einfach Mitglied werden und wenn in den Verhandlungen alles gut geht von unserem Modelltarif mit der GEMA für Live-Musikclubs profitieren.
 

Wir ziehen vor den sächsischen Städte- und Gemeindetag, weil
wir ja gerade nicht so besonders krawallig sein wollen und die GEMA auch nicht
in Frage stellen oder das Urheberrecht oder was auch immer. Die
Verhandlungsergebnisse mit dem Bund Deutscher Karneval haben gezeigt, dass
Verhandlungen möglich sind und tatsächlich auch Verbesserungen für alle bringen
können. Deswegen möchten wir weitere Verhandlungen anregen und den Druck erhöhen.
Die Kommunen erscheinen uns als der geeignete, weil am Ende deutlich
betroffenen Partner für diesen Verhandlungsweg. Nicht nur Clubs, auch
Stadtfeste, Schützenfeste, Abibälle, Revues, Töpfermärkte, Musikfestivals mit
und ohne Eintritt, Strassenfeste und ähnliches sind von der Tariflinearisierung
nämlich betroffen. Die FDP hat in der aktuellen Stunde im Landtag schon als
Beispiel genannt, dass das Stadtfest in Schkeuditz nächstes Jahr wahrscheinlich
abgesagt werden muss!
Aber es stimmt schon. Die Demo ist jetzt nicht so besonders auf Protest ausgelegt, sondern eher auf Symbolik. Wir praktizieren Arbeitsteilung mit den Großstädten. Wer tanzen will, soll nach Leipzig fahren. Wer den sächsischen Forderungskatalog übergeben will muss halt auf die Glacisstraße kommen.

Magnus, bei einem Fest mit 3.000qm Fläche (oder 4.500 Besuchern) sind ab 2013 überschaubare 260,00 Euro mehr fällig, also 0,14 Euro je Gast. Wenn ein Fest daran zu Grunde geht, dann war es aber immer schon mit sehr, sehr heißer Nadel kalkuliert. 

Und das ist genau das, was mich aktuell so stört. Da werden lauter Beispiele genannt, die bei der Presse gut ankommen, aber die doch der sachlichen Grundlage entbehren… Ich hätte mich gerne mehr in die Diskussion integriert, aber die allgemeine Polarisierung und Pöbelei  (und damit meine ich explizit nicht Euch) gegen die GEMA schmeckt mir nicht – Dazu kommen Mitstreiter (auch in DD), mit denen ich eindeutig nicht in dieser Sache an einem Srang ziehen will oder werde.Es bliebt nur zu hoffen, dass die Aktionen wenigstens den Weg ebnen für einen konstruktiven Austausch. Dafür viel Erfolg