Me & My Drummer / Einar Stray – ein Rückblick

· 18.01.2012 · 1 Kommentar

Dienstagskonzerte im Societaetstheater mausern sich mehr und mehr zum beliebten Treffpunkt von Konzertgängern aller Couleur – vom intellektuellen grauen Anzug mit Schlips zur SG Gittersee-Trainingsjacke ist alles vertreten, ebenso verschiedene Altersgruppen und Hintergründe – sie alle eint im kuschligen Ambiente des Theaters eins: die Neugier, was in den nächsten Stunden mit ihnen passiert. Und am gestrigen Dienstag passierte so einiges! Me And My Drummer sowie Einar Stray luden zur Audienz und beinahe wäre ich gar nicht hingegangen, fand ich Einar Stray bei ersten Hörproben nämlich jammerig-schwermütig und Me And My Drummer langweilig. Was für eine fatale Fehleinschätzung!

Als Me And My Drummer auf die Bühne traten, Charlotte an den Tasten & Matthias am Schlagzeug, erwartete ich höchstens ein nettes Aufwärmen. Geplänkel. Beiläufiges Mitwippen. Und dann fängt Charlotte an zu singen. Diese Stimme! Halleluja! Was passiert hier? Völlige Verblüffung bei gleichzeitiger Begeisterung. Urteile niemals nach nur einem Video, Andrea!

Wie beschreibt man das jetzt? Ein Mann, eine Frau. Ein Schlagzeug, ein Piano. Ein Raum, der plötzlich viel zu klein wird für diese Stimme, diese Kraft, diese Momente, die sich da entfalten und aufbauen. Der ganze Körper der Sängerin ist in Bewegung, das Gesicht ein einziges Spiel – und man selbst ist gezwungen, auf seinem Stühlchen zu hocken und mit dem Oberkörper zu tanzen. Geht nicht! Aufspringen will man! Jubeln! Aber ach.. Sitzkonzert. Brrrr. Auch in der Reihe hinter uns teilt man diese Meinung und der junge Mann zwei Reihen vor uns beweist, dass Tanzen nur mit Oberkörper doch geht. Wir tun uns leid.

So eingängig die Stimme von Me And My Drummer ist, so theatralisch und kräftig ist sie auch, schillernd und keck noch dazu, klingt abwechselnd wie Feist und Karin Dreijer Andersson mit einer Prise British Soul und dem Hall der 80er. Im Spiel fordern sich Sängerin und Schlagzeuger heraus, harmonieren gleichzeitig, umgarnen und verschlingen sich. Ein Fest! Das etwa einstündige Konzert der Berliner wirkt wie ein Strudel, umspült einen zunächst als Welle, reißt einen dann fort und befördert einen sanft zurück ans Ufer. Wer hätte gedacht, dass ich an dieser Stelle auf eine Myspace-Seite verweise?

I wanna believe in magic. Drama, Baby! Herzen noch und nöcher. Me & My Drummer. Ein Piano. Ein Schlagzeug. So simpel kann es manchmal sein.

Me And My Drummer – Down My Couch by Sinnbus

Pause

Danach noch Einar Stray, 21, Norweger. Seine Band offensichtlich im gleichen Alter. Sie legen los und wieder das Gefühl, dass diese opulente Musik mehr Raum braucht. Dramatisch-episch, ja. Jammerig-schwülstig, nein! Der Basser, mit Trucker-Mütze und Karohemd an Lambchop erinnernd (25.2., Beatpol!), so wichtig wie Ofelia am Cello und Lars an den Drums. Mein heimlicher Star: Hanna an der Violine. Wie ein schwarzer Schwan steht sie ständig auf weißbesockten Zehenspitzen, lächelt gedankenverloren und singt herzallerliebst.

Das Publikum, wie immer in Dresden quiet & nice, ist überaus angetan. Die Band(e) um Einar Stray meistert das Konzert souverän und bravourös, beinahe beängstigend angesichts der gerade erst beginnenden Karriere. Kurz vor Ende dann nochmal Druck auf die Tränendrüse. For the country – a capella vorgetragen und viel ergreifender als hier im Video:

Miniminimini-Kritikpunkte verkneif ich mir an dieser Stelle, sie haben auf die Gesamtwirkung keinerlei Einfluss. Nur die Sache mit dem Sitzkonzert war echt fürn Arsch. ;-)

Nette Begebenheiten im Anschluß an das Konzert:
– Schön, den Freikartengewinner noch kurz persönlich kennenzulernen und ein direktes Feedback zu bekommen. Danke dafür!
– Drummer und Basser von Einar Stray schwärmten gegen halb zwölf noch in die Neustadt aus. Nach mehreren kurzen Spaziergängen kauften sie… Döner. Schade, dass wir so spontan auch keine Alternative kannten, die um diese Uhrzeit noch geöffnet war.

Fazit: Großartiges Konzert. Ich habe nichts erwartet und alles bekommen.

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